Grenke-Chess-Classic in Baden-Baden - Sonntag, 8. Februar 2015

Indien - Spanien - England - Berlin 

Von Philipp Prinz

11:30 Uhr morgens in Deutschland. Drei Schachfreunde treffen sich am Zollernschloss zu Balingen, um ein Schachturnier zu besuchen, dass es nicht alle Tage gibt. Durch den Schnee, über den Schwarzwald führt unser Weg nach Baden-Baden. Unscheinbar zwischen Casino und Brenner liegt das Turnierareal. Wir sind mit die Ersten und können beobachten, wie „Gusti“ (GM Jan Gustaffson), GM Klaus Bischoff und GM Sebastian Siebrecht den Weg zu ihre Kommentatorenplätze aufsuchen. Um 14 Uhr öffnet die Kasse und man staune, es gibt sogar Kopfhörer, mit denen man die Kommentare live hören kann, während man im Turniersaal sitzt. Donnerwetter!  

Zweite Reihe, Mitte rechts, direkt vor dem Brett des Weltmeisters GM Magnus Carlsen und der Nummer 2 der Welt GM Fabiano Caruana. Das Duell der Giganten könnte vorentscheidend für den Turniersieg sein. Man konnte gespannt sein, welche Eröffnung der Weltmeister wählen wird. Kampfbetont oder ruhig und solide? Und nun heißt es warten bis die Spieler ankommen.

Es ist kurz vor 15 Uhr und der Schiedsrichter begrüßt die Zuschauer. Aus den Lautsprechern schallt klassische Musik, als würde zum Tanz gebeten werden. Ein Spieler nach dem anderen betritt die Bühne. Zwei Spieler fehlen noch: Anand und Carlsen. Vielleicht kann man ja noch ein Autogramm ergattern. Zwischen Garderobe und Spielsaal die erste Unterschrift: Anand. Jawohl! Carlsen rennt an allen Autogrammjägern vorbei: „Later!“. Alle Augen richten sich nun auf das Brett 2 von rechts. Die Spannung steigt, Caruana macht den ersten Zug und dann…!?

Berliner Verteidigung. Ein kurzes kollektives Gähnen ist im Raum zu hören, die Kommentatoren hören sich über den Kopfhörer so an, als hätten sie ein kurzes Mittagsschläfchen eingelegt. Kampf der Giganten habe ich mir irgendwie anders vorgestellt. Da man davon ausgehen konnte, dass es in den nächsten 3 Stunden nichts Spannendes an diesem Brett zu sehen gibt, richten sich die Blicke Richtung Anand – Baramidze. Nach 23 Zügen kommt dann der Einschlag von Baramidze im Zentrum. Springeropfer gegen den Ex-Weltmeister. Mutig mutig! Doch Anand bleibt die Ruhe selbst und wickelt die Kombination gekonnt ab. Am Ende heißt es Turm (Baramidze) gegen zwei Figuren (Anand) mit viel Material auf dem Brett. Laut Engine schon verloren für Baramidze, selbiger möchte aber sehen, dass Anand genauso gut rechnen kann! Anand – Baramidze 1:0

Aronian gegen Adams auf der linken Seite. Englisch soll es heute gegen den Engländer sein, ob Aronian das auch so gut kann wie sein Gegenüber?! Mangels Englischkenntnisse gerät Aronian zunehmend „under pressure“. Adams scheint über weite Strecken seine Figuren besser zu führen. Am Ende jedoch flacht die Initiative in ein Remis ab. Aronian mehr erleichtert als zufrieden rauft sich die Haare und willigt ein.

Frankreich – Deutschland. Es geht hier nicht um das Viertelfinale der letzten WM, sondern um das Duell Bacrot – Naiditisch. Letzterer hält die Tabellenführung inne und möchte für die riesen Sensation sorgen. Deshalb muss heute Bacrot daran glauben, hofft Naiditsch zumindest, irgendwo muss die Teamfreundschaft ja ein Ende haben. Damenindisch wird serviert, auf Sieg spielen mit Schwarz ist da relativ schwer. Zumindest zeigen die ersten 20 Züge, dass ein Sieg für beide Seiten nur sehr mühsam möglich sein wird. Allerdings kann Naiditsch den Franzosen ein wenig unter Druck setzen. Dieser wehrt sich mit all seinem Können und kann dem deutschen Angriff vorerst standhalten. Déjà vue. Trotz aller Anstrengungen kommt es zur Zugwiederholung. Remis.

Was machen eigentlich Caruana und Carlsen? Zug für Zug verbessert Carlsen seine Stellung. Caruana muss sich entscheiden: Entweder abwarten und Carlsen das Spiel überlassen oder eine zweischneidige Variante spielen. Caruana greift Carlsens Springer via h4 an. Und was macht der Weltmeister? Er lässt ihn einfach stehen oder er opfert ihn, wie man es nimmt. Das Resultat ist Dauerschach von Carlsen und der so sehr herbeigeschworene Kampf der Giganten endet bevor er überhaupt angefangen hat.

Sich in den Weg zu Stellen um ein Autogramm zu bekommen mag zwar unhöflich scheinen, kann ich aber nur jedem empfehlen, der vom Weltmeister eine Unterschrift haben will.

Am Ende des Tages sind wir übereinstimmend zu folgendem Fazit gekommen:

  • Autogramme zweier Weltmeister kriegt man nicht alle Tage

  • Klaus macht die besten Schinkenbrötchen

  • Die Berliner Verteidigung gehört verboten! Da ist Halmaspielen dagegen ein reiner Thriller.